Cannabis am Arbeitsplatz: Was bedeutet die Legalisierung für Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen?

Der Cannabiskonsum ist seit April 2024 auch in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen legal. Mit der Legalisierung sind neue Fragen in den Fokus gerückt: Dürfen Arbeitnehmer/innen während der Pause Cannabis konsumieren? Dürfen Sie als Arbeitnehmer/in vor der Arbeit Cannabis konsumieren? Kann der Konsum von Cannabis vor der Arbeit oder im Laufe der Arbeit trotz Legalisierung zu einer Abmahnung oder gar Kündigung führen? Was müssen Arbeitgeber/innen in Bezug auf den Cannabiskonsum arbeitsrechtlich regeln? Ein Rückgriff auf die Regelungen zu anderen Rauschmitteln wie beispielsweise Alkohol hilft wenig weiter, denn auch hier gibt es keine gesetzlichen Verbote oder klare Regelungen, auf die sich Arbeitgeber/innen stützen könnten. Was rechtlich gilt und welche Konsequenzen jeweils zu erwarten sind, hängt vom Einzelfall ab.

Ausdrückliches Verbot durch Arbeitgeber/innen

Der Konsum von Cannabis ist legalisiert worden. Dennoch steht es Arbeitgeber/innen frei, den Konsum bei der Arbeit, also während der Arbeitszeit, während der Pausen oder auch allgemein auf dem Betriebsgelände zu verbieten. Dieses Recht folgt aus der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht, der allgemeinen Schutzpflicht und dem Hausrecht. Auch im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes kann sich sogar die Pflicht für Arbeitgeber/innen ergeben, den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz zu verbieten, wenn dies erforderlich ist, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Verstoßen Arbeitnehmer/innen gegen das von Arbeitgeber/innen ausgesprochene Verbot, verstoßen sie gegen arbeitsvertragliche Pflichten und riskieren eine verhaltensbedingte, gegebenenfalls fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Für die verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich eine vorherige Abmahnung erforderlich, die den/die betroffenen Arbeitnehmer/in in die Lage versetzen muss, sich über den Pflichtverstoß klarzuwerden und sich künftig vertragsgemäß zu verhalten.

Kein ausdrückliches Verbot durch Arbeitgeber/innen

Regeln Arbeitgeber/innen nichts zum Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz, stellt sich für Arbeitnehmer/innen die Frage, ob sie vor oder während der Arbeit konsumieren dürfen. Schließlich gibt es auch keine gesetzliche Regelung, die dies explizit verbietet. Hier ist Vorsicht geboten, denn der Konsum von Cannabis, der sich auf die Arbeitsleistung (Konzentration, Aufmerksamkeit etc.) auswirkt, kann auch ohne ausdrückliche Regelung durch den/die Arbeitgeber/in eine Verletzung der arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflichten darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch den Konsum bzw. den fortdauernden Einfluss dessen berechtigte Interessen der/des Arbeitgeberin/Arbeitgebers beeinträchtigt werden; dies umfasst auch eine mögliche Gefährdung anderer Mitarbeiter/innen oder Dritten am Arbeitsplatz. Aus § 241 Abs. 2 BGB folgt, dass Arbeitnehmer/innen Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der/des Arbeitgeberin/Arbeitgebers nehmen müssen. Diese Rücksichtnahmepflicht gilt unabhängig von individuellen vertraglichen Regelungen und umfasst auch die Pflicht, die eigene Arbeitsfähigkeit nicht durch den Konsum von Rauschmitteln zu beeinträchtigen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Konsum von Cannabis grundsätzlich eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis darstellen kann und mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung) gerechnet werden muss.

Der privatzeitliche Cannabiskonsum beispielsweise am Wochenende ist für das Arbeitsverhältnis in der Regel nicht direkt relevant, was sich aber dann ändert, wenn sich der Konsum auch noch am folgenden Arbeitstag spürbar auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt. Insoweit gilt das oben Beschriebene mit folgendem Fazit:

Wer unter dem Einfluss von Cannabis steht und seine Arbeitsfähigkeit dadurch beeinträchtig ist, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnung und Kündigung rechnen.

Dennoch: Arbeitgeber/innen sollten klare Regelungen schaffen

Auch, wenn die Legalisierung des Cannabiskonsums keinen Freifahrtschein für Arbeitnehmer/innen bedeutet und Arbeitgeber/innen auf den ersten Blick ausreichend geschützt zu sein scheinen, empfiehlt es sich, durch Transparenz und Kommunikation Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. Arbeitgeber/innen sollten daher im Vorwege klare Regelungen schaffen, über die Auswirkungen von Cannabis auf die Arbeitsleistung – auch über einen längeren Zeitraum – aufklären und ihren Arbeitnehmer/innen verdeutlichen, dass der Konsum, der sich auf das Arbeitsverhältnis auswirkt, mit Abmahnung und Kündigung geahndet werden können. Arbeitnehmer/innen müssen wissen, was in bezug auf Cannabis am Arbeitsplatz erlaubt ist und wo die Grenzen liegen.

Janina Grothe

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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